Das Atelier



 

Der Pinsel war weggelegt. Es wurde draußen bereits dunkel. Bevor die Tür die Ateliers von außen geschlossen wurden, erlosch das Licht der Deckenleuchter. Dunkelheit breitete sich aus.

 

Das gelbliche Mondlicht brach sich einen Weg durch das halb offene Dachlukenfenster, als wolle es einen verstohlenen Blick in das Atelier wagen. Es traf auf das Bild des Künstlers, an dem dieser eben noch gearbeitet hatte. Auf den noch nicht trockenen Farben brach sich der Schein und verursachte ein von schattigen Flächen umgebenes Glitzern.  Der Schein glitt weiter in den Raum hinein. Deutlich erkennbar tauchte eine Staffelei auf. Auf ihr befand sich  - deutlich abgehoben -  eine Leinwand, noch völlig unbefleckt. Immer weiter glitt der Schein im Raum vor und erfasste weitere Bilder, die in dem Licht merkwürdige Konturen widerspiegelten. Es waren stets bunter Fetzen, die wild in dem difusen Licht einher kamen, teilweise als gruselige Gestalten, teilweise als abstrakte Formen.

 

Ein Schatten glitt über die die im Schein dargebotenen bunten Reigen. Es war eine Fliege, die ihre Kreise zog. Sie schien aus der Vogelperspektive die Darbietungen betrachten zu wollen. Ihre Flugbahn weitete sie mit dem Vordringen des Scheins im Raum aus. Endlich hatte das Mondlicht den hintersten Winkel des Raumes erreicht. Hier schien der Schein auf eine Nebelfläche zu stoßen, die zwischen zwei bunte Fresken wiederspiegelnden Bild  lag. Mittten in diesem Nebel ein dunkler Punkt, wie ein schwarze Loch im All belegen. Die Fliege näherte sich dem Nebel, wollte wohl durchfliegen   -  und blieb hängen. Blitzschnell sah man im Schein  des Mondes zwei dürre Beine des schwarzen Punktes, und die Spinne holte sich die Fliege zum Verzehr.

 

Die Erde dreht sich weiter und langsam verließ der Mondschein den Raum. Noch ein letzter  Hauch auf dem frischen Bild, und dann lag es wieder im Dunkel, harrte auf die Fortsetzung am nächsten Tag. Durch das Fenster flatterte ein Nachtfalter in den sich zusehends verdunkelnden Raum. Er flog zur Staffelei, umkreiste sie, flog über die am Boden liegenden Bilder, als wolle er sie aus seiner Vogelperspektive betrachten, flog dann an der Wand und den dort teils hängenden, teil an dieser angelehnten Bildern vorbei um schließlich mit dem letzten Mondstrahl den Raum durch das Dachlukenfenster zu verlassen.